Die Begriffe Bewerten und Benoten werden oft synonym verwendet. Und das ist nur verständlich, schließlich sind sie eng miteinander verbunden. Das führt dazu, dass viele Menschen Bewerten und Benoten gleichsetzen.
Doch eigentlich meinen Bewerten und Benoten zwei verschiedene Dinge und das beginnt bereits bei der Zielsetzung.
Das Ziel des Benotens ist es, die individuellen Leistungen von Studierenden anhand einer festen Reihe von Kriterien einzuordnen. Je nachdem, was im jeweiligen Fall bewertet wird, können Noten ein genaues Maß für den Lernfortschritt sein, oder aber auch nicht. Zum Beispiel sagen die Anwesenheit, das pünktliche Abgeben von Aufgaben, deren Formatierung und aktive Beteiligung nur wenig darüber aus, wie viel Studierende gelernt haben, viel eher sind sie Indikatoren oder Signale für ein mögliches Eingreifen der Lehrkräfte.
Für sich alleine sind Noten zwar als standardisierte Messgröße nützlich, genügend Feedback darüber, was Studierende wissen oder nicht wissen und was sie für bessere Lernfortschritte tun müssen, liefern sie aber nicht. Folgt man Thomas Guskey, dann führen immer dann, wenn nur Noten verwendet werden, "selbst genaue, aufgabenbezogene Noten nicht zu einer Verbesserung des Lernerfolgs. Von einem Buchstaben, einer Zahl, einem Wort, einem Satz oder Symbol, das an den Lernnachweis angeheftet ist, erhalten Studierende keine Hinweise wie sie sich verbessern können. Nur wenn Noten mit individuellen Kommentaren gepaart werden, die Hinweise und Hilfen für Verbesserungen geben, verbessern sie die Leistung und fördern den Lernfortschritt" (Guskey, 2019).
Das Ziel des Bewertens wiederum ist weitreichender. Hierbei geht es nicht nur alleine um das Benoten von Leistungen. Bewertungen umfassen auch formative Beurteilungen mit niedrigem Gewicht und ohne summatives Urteil – damit können sie Lernfortschritte fördern, indem sie Feedback liefern und die Studierenden zu den nächsten Lernschritten anleiten. Bewertungen umfassen neben Tests oder Prüfungen auch regelmäßige Aufgaben mit niedrigem Schwierigkeitsgrad, die Lehrkräfte im Unterricht oder als Hausaufgaben aufgeben. Ebenso ist auch qualitatives Feedback ein Element des Bewertens. Dieses wirkt als Checkpunkt im Lernfortschritt der Studierenden.
Bewerten bedeutet nicht immer, dass Noten vergeben werden, aber das Benoten ist immer eine Bewertung.
Anders ausgedrückt: Das Benoten ist eine Unterart des Bewertens.
Doch warum ist das von Bedeutung?
Beim Bewerten handelt es sich nicht nur um Tests, sondern auch um kleinere Aufgaben und tägliche Checks. In den Lernfortschritt eröffnet dies bessere Einblicke als Noten. Während Noten den Fortschritt der Studierenden im Allgemeinen unterstreichen oder als Warnsignale dienen können, können Bewertungen einzelne Lernlücken aufzeigen, die ein Eingreifen der Lehrkraft erfordern. Solche detaillierten Einblicke können Noten alleine nicht liefern.
Bewertungen sind ein essenzieller Bestandteil des Lehrens und Lernens, denn sie geben den Lehrkräften fundierte und individuelle Daten und Erkenntnisse. Lernen die Studierenden tatsächlich was wir vermitteln möchten? Gibt es Möglichkeiten, die Effizienz des Unterrichts zu erhöhen und bessere Lernerfolge zu erzielen? In anderen Worten: Werden die eigentlichen Ziele der Bildung erreicht?
Diese Fragen können mit Hilfe von solchen Bewertungen erreicht werden, welche folgende Punkte liefern:
- Diagnostisches Feedback darüber, was Studierende wissen und was sie nicht wissen
- Informationen darüber, was ein tiefes Verständnis des Themas belegt
- Eine Gelegenheit, die Lernfortschritte zu fördern
- Außerdem eine Selbsteinschätzung der Lehrkräfte darüber, was funktioniert und was nicht sowie zu den nächsten Schritten, um Lernlücken der Studierenden zu schließen.
Es ist leicht zu erkennen, wie Bewertung und Benotung oft miteinander verwechselt werden, wenn man bedenkt, wie eng sie pädagogisch miteinander verbunden sind. Beide sind notwendig - sowohl Bewertung als auch Benotung. Die Benotung, um die Fortschritte der Studierenden in knapper Form zu kommunizieren und um andere Stellen und Institutionen zu informieren. Die Bewertung ist es, um innerhalb des Lernprozesses tiefere Einblicke zu gewinnen. Wenn wir Studierende auf ihrem Bildungsweg unterstützen wollen, ist es aber wichtig, die feinen Unterschiede zwischen beiden Formen zu verstehen und anzuerkennen.